April 2004 - Fahrt durch das Wiehengebirge

 

april 2004. 2 jahre fahrtenschaft polaris. wie kann man das feiern? na klar, am besten mit einer fahrt!

gesagt getan. in der vorbereitung zur jubiläumsfahrt läuft die planungsmaschine polaris wie gewohnt auf hochtouren. etliche termine werden gewälzt und wieder verworfen, als fahrtengebiete sind unter anderem auch ortschaften im ausland wie luxemburg, sowie das nur einen steinwurf von uns entfernt gelegene siebengebirge im gespräch. auch die zusammensetzung der fahrtmannschaft ändert sich stetig und rasant. am ende kömmt dann doch alles so wie es kommen muß und alles andere wäre auch eher eine echte sensation: sammler und ramses ziehen in das wiehengebirge, nördlich von osnabrück.

die anreise zum ausgangspunkt der wanderung ist in ihrer einsamkeit ungewohnt: beide teilnehmer werden sich erst in osnabrück am hbf treffen, kommt ramses doch von süden aus königswinter und sammler, studienbedingt, aus elsfleth an der küste. doch es funktioniert. mit einer viertel stunde verspätung (unternehmen zukunft: deutsche bahn) sind wir komplett in unserer überraschend kleinen fahrtenschaft und können los. die zeit drängt auch schon, es ist freitag abend, die sonne scheint zwar noch, doch es ist absehbar, dass sie das nicht ewig tun wird.

sammler hat die route festgelegt und navigiert uns zum ausgangspunkt unserer wanderung, zum teilungspunkt mühlenort, südlich von engter, am fuße des wiehengebirges, so genannt, weil sich hier drei fernwanderwege kreuzen. beeindruckend, man kann hier unter anderem bis nach masuren wandern. so weit kommen wir bei unserer fahrt an diesem wochenende allerdings nicht. schnell werden die rucksäcke umgepackt. die kohte (welch luxus und beschwernis für zwei zugleich) und ein wenig gutes holz müssen noch verteilt werden, dann geht es los in die wälder, die bei diesem wunderschönen warmen frühlingswetter erahnen lassen, dass sie bereits in kurzer zeit wieder eine angenehme heimat für zwei gesellschaftsmüde fahrtenschafter werden können. nicht weit gehen wir auf dem wittekindsweg in fernrichtung porta westfalica, die sonne steht schon knapp über dem horizont. da beschließen wir südlich über die höchste höhe des wiehengebirges zu gehen und am dortigen abhang des steinbergs einen schlafplatz für die nacht zu suchen.

ein wenig suchen ist schon vonnöten, vielleicht sind wir auch schon aus der übung. schade, der schönste „kohtenbaum“ steht direkt neben einem weg. so finden wir ersatz nur unter einer dicken buche unweit eines hochstands. eigentlich nichts für uns, aber es dunkelt, weiter geht’s nicht mehr. kohtenaufbau. irgendwas läuft schief. wie die wölflinge versuchen und versuchen wir und schaffen´s doch nicht. die kohte will und will nicht anständig stehen. verrückt, da haben wir beide zusammen seit fast schon jahrzehnten kohte um kohte aufgebaut in einer art und weise, auf die man auch als bescheidener pfadfinder stolz sein darf, aber nun will es nicht klappen. als wir merken, warum sich die bahnen beim hochziehen immer in falten legen ist es auch schon zu spät: sammler (ja asche über sein haupt!) hat das kohtenkreuz aus sehr unterschiedlich langen knüppeln gebunden. einer der beiden war stark verkürzt. dadurch verzieht sich jetzt die gesamte kohte. wir lassen das rumdoktern sein, gehen reumütig in uns, geloben für die zukunft besserung und freuen uns daran, dass wir nur zu zweit sind und so gutes wetter ist. bei regen und vollbesetzung des schwarzzeltes hätten wir jetzt ein problem.

das feuer brennt schnell und gut. rund um die lagerstätte liegt auch genügend nachschub. abendessen. wir erzählen. sammler von seiner weltfahrt über die sieben meere, ich von fahrtenschaft, stamm romero und dies und das. so schnell vergeht die zeit, dass wir erst gegen 1:30 uhr das feuer ausglimmen lassen und die schlafsäcke dichtholen. komisch, draußen ist es komplett still. kein geräusch zu hören. nichts. keine tiere, kein wind, keine raschelnden blätter… später in der nacht wache ich beim umdrehen noch ein paar mal auf und da höre ich mal ein käutzchen, mal ist unweit auch ein wildschwein zu hören, das sich sehr schnell seinen weg durch den wald bahnt und gegen morgen kommt ein specht und die singvogelschar hinzu. ja, ja, an diesem morgen halten wir es nicht mit hans von gottbergs pfadfindern aus fahrten, ferne, abenteuer, die bereits vor dem ersten lichtstreif am horizont zusammengepackt haben und wieder auf dem weg sind. sorry, uns war eher nach ausschlafen.

sammler, diesmal ganz glis-like, nutzt das angebot seines übertrieben warm ausgelegten schlafsacks deshalb erst einmal exzessiv aus, während ich bereits schon fast mit packen fertig bin. unglaublich, unter der asche, nach knapp 10 h immer noch glut! schlecht für unsere mageren wasservorräte.

doch, doch irgendwann geht es dann auch noch los an diesem tag und wir schaffen außerdem noch eine recht ansprechende leistung: ein nebenweg führt uns erst einmal zurück auf den wittekindsweg, vorbei an uptrup, der als kammweg auf der höhe des wiehengebirges bleibt. ein grossteil des weges führt durch wald, aber einige kilometer sind auch durch feldraine zurückzulegen. die temperaturen sind fast schon ein wenig zu hoch für eine wanderung unter gepäck. entschädigt werden wir für unseren schweißverlust mit schönen ausblicken auf nette alte bauernhöfe. dann verlassen wir den wittekindsweg und wenden uns in richtung norden, um zu den kalkrieser bergen zu gelangen. wer ein wenig geschichtliche kenntnisse hat, der hat vielleicht auch schon einmal etwas von diesen bergen, einem nördlichen ausläufer des wiehengebirges gehört. denn hier, am fuß dieses berges, hat die legendäre varusschlacht, fälschlich auch als schlacht im teutoburger wald bezeichnet, stattgefunden.

es gibt ereignisse in der weltgeschichte, die man nicht anders als "legendär" bezeichnen kann. die vernichtende niederlage der römischen legionen unter varus im jahre 9 nach christus gehört zweifellos dazu. wie konnte es arminius mit seinen "barbarischen" germanenkriegern gelingen, diesen eindeutigen sieg gegen bestens ausgerüstete und organisierte kohorten der römischen weltmacht zu erringen? und wo im damaligen germanien haben diese historischen kampfhandlungen stattgefunden? viel stoff für mythenbildung und spekulationen. als "schlacht im teutoburger wald" ging der blutige konflikt schließlich in die geschichtsschreibung ein und führte in den letzten jahrhunderten zu mehr als 700 thesen über verlauf und ort des geschehens. der bereich zwischen dichtung und wahrheit begann sich zu erhellen, als major clunn 1987/1988 in der kalkrieser-niewedder senke römische silbermünzen und schleuderbleie aufspürte. bis heute wurden mehrere tausend fundstücke geborgen und wissenschaftlich analysiert. fest steht, die "varusschlacht" fand im osnabrücker land in bramsche-kalkriese statt.

wir wandeln also auf historischem boden. müssen aber auch konstatieren, uns zwischenzeitlich mit unserer 1:50000er karte ein wenig verlaufen zu haben, hatten wir doch der wegmarkierung nach vorwald vertraut, die dann aber nie mehr auftauchen sollte. zwangspause, karten und kompaßstudium, wo stehen wir, wo liegt unser ziel, ist der wald dort drüben der hier auf der karte oder doch eher der linke? und wo zum teufel ist das auf der karte eingezeichnete wasserwerk in wirklichkeit? vielleicht sind wir doch mehr aus der übung als beim gestrigen problem des kohtenaufbaus eingestanden. navigation in den hochgebirgsregionen lapplands und grönlands: kein problem, aber hier? wir schütteln die köpfe, das macht ja fast schon wieder spaß. na so schlimm war´s auch nicht. nach ein paar minuten sind wir ja auch wieder auf dem weg und „in sicherheit“. niemand muß suchtrupps nach uns ausschicken.

der weg hoch auf den kalkrieser / vorwalder berg zieht sich und doch stehen wir bald an seiner spitze unweit eines hölzernen aussichtsturms. wer hier von oben runter schauen soll bleibt uns allerdings in diesem verschlafenen nest unklar. die horden von engländern, holländern und japanern haben wir zumindest vergeblich gesucht. keine bustouris. dafür ein wenig prolodorfjugend und ein mofafahrer, der uns ungelogen mindestens vier mal überholte, uns aber nie entgegen kam. gelten hier die gesetzte der physik nicht mehr? oder erleben wir ein deja vu? mittagspause am späten nachmittag an der einzigen bushalte mitten auf dem feld. busse fahren hier nur schultags. dörfer gibt es auch nicht so recht. ein dorf ist hier schon eine lose ansammlung von häusern, die miteinander generellen sichtkontakt haben, die sich ansonsten durch ihre alleinlage mitten in feldern oder am nächsten waldrand auszeichnen. evringhausen, das wir in der folge durchqueren, weicht davon in sofern ab, als dass hier mehrere häuser direkt hintereinander an der gleichen straße friedlich koexistieren. landidylle pur. die besitzer im garten bei der arbeit oder im lehnstuhl mit pfeife am lesen in der sonne. wir mit unseren schuhen auf der teerstraße vorbei: klack, klack, klack, klack. nach ´ner weile geht man ja automatisch ohne darüber nachzudenken wie weit der weg, wie viel gewicht auf den schultern zu viel und wie wenig mannschaft zu wenig für eine lebensfähige fahrtenschaft ist. die leidensfähigkeit nimmt zu, die zeit vergeht schneller, die gespräche werden knapper und kürzer.

wir zurren die diesjährige sommerfahrt fest, wollen mal etwas neues ausprobieren. bislang haben wir viel streckenwanderungen gemacht. diesmal soll es eine wanderung in ein basislager in der hardangervidda geben, von dort aus mit leichtem tagesgepäck die vidda erkunden. je länger wir hin und her planen, desto besser gefällt uns der plan. hoffentlich kann kröte auch noch mitkommen. elchi steckt dann noch mitten im endspurt seiner diplomarbeit, gulo…. und glis hat sich auch noch nicht geäußert.

plötzlich stehen wir wieder in uptrup und damit auf dem wittekindsweg. von dieser seite sieht er so ganz anders aus. zunächst haben wir gar nicht bemerkt, dass wir ja heute früh diesen weg bereits in die entgegengesetzte richtung erwandert haben. ein blick zurück klärt die situation, ja den anblick kennen wir doch. schon wieder passieren wir den steinberg, diesmal auf seiner nördlichen seite auf einem nebenweg des wittekindswegs, schon wieder abendsonnenschein...

wir beschließen, an diesem abend auf den aufbau der kohte zu verzichten und stattdessen die nacht in der schutzhütte am teilungspunkt mühlenort zu verbringen. sammler hat morgen früh einen zug richtung norden, den er nicht verpassen möchte und ohne kohtenabbau geht es doch schneller. im letzten abendsonnenschein kochen wir in der hütte und richten uns für die ungemütlichere der beiden nächte ein. zum einen liegen wir jetzt deutlich härter, zum anderen zieht es zur hütte rein, das wetter verschlechtert sich. außerdem scheint irgendwo im wald ein treffpunkt zu sein. dauernd fahren irgendwelche autos an unserer hütte auf dem feldweg vorbei in den wald und kehren nicht mehr wieder. ein mal, super spät, schieben zwei radfahrer ihrer drahtesel an uns vorbei. so richtig tief schlafen wir in dieser nacht nicht. am morgen ist es kalt, die ersten regentropfen fallen um uns herum und wir freuen uns jetzt nicht auch noch eine nasse kohte einpacken zu müssen. dann geht alles ganz schnell, sammler wird am osnabrücker hbf abgesetzt und begibt sich richtung elsfleth und ramses fährt zurück auf den hühnerberg. fazit: schöne fahrt, zuwenig teilnehmer, lust auf die sommerfahrt! gut pfad und namárie! ramses

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